Im Wald des Adels
Jagdschloss Rehefeld zwischen Pracht und Vergessen
Von königlicher Hand erbaut
Errichtet wurde das Schloss ab 1869 im Auftrag der Kronprinzessin Carola von Sachsen, als Geschenk für ihren Gemahl, Kronprinz Albert. Der Bau, von schlichter Eleganz und doch herrschaftlicher Präsenz, diente der Jagd und der Erholung fern der höfischen Etikette. Hier fand der Adel des späten 19. Jahrhunderts einen Rückzugsort, wo Wald, Wild und Wind die einzigen Zeugen königlicher Muße waren.
Die Jahre der Loge
Nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich das Schicksal des Hauses. 1924 erwarb die Freimaurerloge „Zu den drei Schwertern“ das Anwesen. Sie richtete es als Erholungsstätte und geistiges Refugium ein – ein Ort, an dem Kunst, Philosophie und das Streben nach Erkenntnis über gesellschaftliche Schranken hinaus gepflegt wurden. In den Sälen, in denen einst das Knistern des Kaminfeuers das Jagdgeläut ersetzte, fanden nun Versammlungen, Vorträge und stilles Nachdenken statt.
Die Brüder der Loge suchten hier nicht nach Beute, sondern nach Licht. Sie verbanden das abgelegene Schloss mit der Vorstellung eines Zufluchtsorts, fern vom politischen Lärm der Städte. In der Architektur sahen sie ein Symbol – den Turm als Sinnbild der inneren Erhebung, das Mauerwerk als Metapher der Beständigkeit. Es war eine stille Blütezeit, die nur wenige Jahrzehnte währte, doch dem Ort einen feinen Nachhall von Geist und Geheimnis verlieh.
Wandlungen des Jahrhunderts
Mit den Wirren der dreißiger Jahre veränderte sich auch Rehefeld. Das Schloss wurde erneut verkauft, zeitweise als Jagdhotel genutzt, später als Lazarett, und nach dem Krieg von der DDR als Erholungsheim und Schulungsstätte übernommen. In den späten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts diente es schließlich als Polizeischule – der einstige Rückzugsort der Könige nun Schulungsstätte des Staates. Ironie, in Stein gefasst.
Architektur und Nachhall
Das Schloss zeigt sich in nüchterner, klarer Form: rechteckiger Grundriss, dreigeschossiger Turm, fein proportionierte Fenster, Sandstein aus der Region. Es ist kein Bau des Prunks, sondern einer der Haltung – mehr Ausdruck von Stand und Stil als von Macht. Heute aber liegt über allem eine gewisse Müdigkeit. Die Mauern sind gedunkelt, das Dach trägt Spuren des Windes, und das Echo in den Fluren klingt, als spräche jemand längst Verstorbener noch immer leise weiter.
Ein Ort der Erinnerung
Das Jagdschloss Rehefeld ist kein verlassener Ort im gewöhnlichen Sinn. Es ist ein Raum, der Erinnerung speichert – an Adel, an Ideale, an Vergänglichkeit. Wer davorsteht, spürt das Gewicht der Zeit: die gedämpfte Würde eines Bauwerks, das zu viel gesehen hat, um noch ganz still zu sein. Und vielleicht, wenn man lange genug lauscht, hört man das Flüstern der Loge, das Klirren der Gläser, das Rascheln eines Vorhangs im Abendwind.
So steht es da – zwischen den Tannen, auf halbem Weg zwischen Geschichte und Traum. Ein Bau aus Stein, der vom Menschen spricht – und von allem, was bleibt, wenn die Stimmen längst verklungen sind.

















