Das Haus in meiner Nachbarschaft

Man muss einfach mal hallo sagen

Lotti Potion, Oktober 2025

Es steht da, gleich an der Straße, als wollte es niemandem im Weg sein. Ein Haus, das ich schon kenne, seit ich denken kann. Früher war es bewohnt, hell, manchmal lief Musik durch die Fenster. Heute ist es still. Die Vorhänge hängen schief, der Putz blättert, und die Fenster blicken hinaus, als sähen sie längst etwas anderes als wir.

Vor vielen Jahren war ich einmal drinnen. Damals trug es noch Spuren von Würde – ein wenig Stuck an der Decke, Reste eines Musters an den Wänden. Man sah, dass jemand hier gelebt hatte, jemand, der aufgeräumt war, ordentlich, vielleicht sogar stolz. Doch das Haus hat diesen Menschen überlebt, und nun überlebt es sich selbst.

Ich fahre oft daran vorbei. Jedes Mal denke ich: diesmal ist es ein Stück weniger. Ein Dachziegel fehlt. Dann ein Fenster. Irgendwann wird es nur noch eine Stelle im Gras sein, an der nichts mehr wächst. Und doch – solange es noch steht, sieht es mich an. Jedes Mal.

– Lotti